Hintergrund des Forschungsprojektes
Im Rahmen des Forschungsprojektes „MobiStaR“ werden innerhalb der Projektlaufzeit die Rahmenbedingungen und Voraussetzungen für den Einsatz eines robotischen Systems zur Frühmobilisation von Patient*innen auf Intensivstationen evaluiert und analysiert, um eine höhere Mobilisationsrate bei Patient*innen in den ersten 72 Stunden nach Aufnahme auf der Intensivstation zu erwirken und die Pflege zu entlasten.
In vielen Studien konnte belegt werden, dass eine Frühmobilisierung von Patient*innen auf Intensivstationen die funktionelle Wiederherstellung verbessert [1-7]. Die bestmögliche Rehabilitation wird erreicht [8] und die Aufenthaltsdauer auf der Intensivstation und im Krankenhaus verkürzt sich [3]. Auch wurde beschrieben, dass funktionelle Störungen verhindert werden können [9,10]. Jedoch zeigen diesbezüglich Studien unterschiedliche Ergebnisse [11-15].
Eine Frühmobilisation, welche innerhalb von 72 Stunden nach Aufnahme der Patient*innen auf die Intensivstation beginnt, ist nur mit einem außerordentlich hohen personellen Aufwand durchführbar und stellt für die Patient*innen ein ernstes Sicherheitsrisiko dar, da bisher zumeist auf ein externes Therapiegerät transferiert werden musste [16]. Auch führen andere Faktoren wie Sedierung oder Bewusstlosigkeit der Patient*innen oder auch der Zeitraum der Behandlung (z.B. am Wochenende) dazu, dass nur rund ein Viertel der Patient*innen auf der Intensivstation mobilisiert werden [17]. Hierdurch entstehen erhebliche Konsequenzen für den Heilungsverlauf der Patient*innen sowie für die Kosten der Behandlung [8].
Derzeit existieren mehrere Geräte auf dem Markt, mit welchen eine automatisierte, robotische Frühmobilisationstherapie durchgeführt werden kann.
Einige Modelle vertikalisieren und mobilisieren die Patient*innen, jedoch müssen diese dazu aus dem Bett auf das Trainingsgerät und nachfolgend wieder in das Bett transferiert werden. Ein weiteres Produkt ist ein modernes Kipp-Intensivbett, welches eine passive Bewegung der Beine ermöglicht.
Das in unserem Studiendesign eingesetzte robotische System zur Frühmobilisation ist in der Lage, die Patient*innen ohne Transfer im Bett zu vertikalisieren und eine Bewegung der Beine zu erzeugen, welche die Eigenbewegung der Patient*innen erfasst und unterstützt. Das Gerät erfüllt die Voraussetzungen, um auf einer Intensivstation schwersterkrankte Patient*innen zu mobilisieren, die Hygienestandards einzuhalten und gibt die bestmögliche Unterstützung in der Eigenbewegung der Patient*innen.
Bei allen angeführten Modellen wurde bisher nicht erforscht, unter welchen prozeduralen, klinischen und robotischen Anpassungen sich ein robotisches Frühmobilisierungssystem optimal auf einer Intensivstation integrieren lassen kann, um hierdurch eine höhere Mobilisationsrate und eine Entlastung der mobilisierenden Fachkräfte zu bewirken.
Referenzen
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